Das russländische Umfrageinstitut ‘Levada’ hat in seiner jüngsten Studie die Bürger_innen zum politischen System des Landes befragt. Noch immer hält die Mehrheit (57 Prozent) der Befragten daran fest, dass Russland eine demokratische Herrschaftsordnung braucht; 26 Prozent glauben dies nicht. Ein Drittel der Befragten glaubt, dass in Russland die Demokratie teilweise verwirklicht ist; ein weiteres Drittel ist der Ansicht, dass dies ‘bislang noch nicht der Fall’ ist; 20 Prozent sind der der Ansicht, dass der demokratische Charakter abnimmt; nur 4 Prozent halten die demokratische Regierungsform für verwirklicht.
Nur 12 Prozent der Russländer_innen halten die Demokratie für die beste Regierungsform für Russland; aber 38 Prozent neigen dazu, dies zu glauben. 8 Prozent sind der Ansicht, dass die Demokratie für Russland nicht geeignet ist; 23 Prozent neigen zu dieser Ansicht.
15 Prozent sehen in der ‘westlichen Demokratie’ die beste Regierungsform (der höchste Wert seit 1996 war im Frühjahr 1999 mit 32 Prozent erreicht worden); noch immer 24 Prozent sind der Ansicht, dass das sowjetische System besser wäre. (im Frühjahr 2003 war dieser Wert noch bei 47 Prozent gelegen); 36 Prozent aber geben an, das gegenwärtige System sei das beste für Russland.
Daten aus: http://www.levada.ru/press/2009101501.html
Diese interessante Meinungsstudie (es gibt keinen Grund, an ihrer Treffsicherheit zu zweifeln) korrespondiert auffallend mit einem Stimmungsbild, das der aus Österreich stammende, in Hong Kong lebende Reeder und Industrielle Helmut Sohmen in einem Interview mit dem “WirtschaftsBlatt” am 12.10.2009 über die VR China wiedergibt: “Die Legitimation der Partei basiert auf der materiellen Zufriedenheit der Bevölkerung. Das ist einer der Hauptpfeiler der chinesischen Stabilität. … Die Stimmung hier ist nicht schlecht. Man sieht, dass die asiatischen Wirtschaften im Vergleich zu Europa und Amerika gut unterwegs sind.” Russland hat darauf übrigens schon reagiert: Putin hat in Peking neue Öllieferverträge abgeschlossen, während China in die Erschließung russischer Lagerstätten investieren wird. Und Präsident Medwedew hat mit Chinas Staatschef vereinbart, dass in den grenznahen Regionen beider Länder in den nächsten 10 Jahren an die 200 Entwicklungsprojekte verwirklicht werden sollen. Die Eliten beider Systeme wissen genau Bescheid, wie das Volk zufrieden und “bei Laune” gehalten werden kann. In China zusätzlich mit der EXPO 2010 Shanghai, in Russland mit den Winterspielen Sotschi 2014.
Ganz so zufrieden mit dem gegenwärtigen System scheinen die Russländer_innen doch nicht zu sein, wie die jüngsten Regionalwahlergebnisse zeigen: Nicht einmal die Hälfte der Wahlberechtigten sind zur Urne gegangen und die Kommunistische Partei (als Opposition zur Putin-Partei) hat an Stimmen gewonnen. Für das Duo an der Staatsspitze ein Menetekel vor dem Hintergrund der verschlechterten wirtschaftlichen Situation!
“Das gegenwärtige System sei das Beste” und “außerhalb der Demokratie” gelegen, was ja beim Betrachten der Wahlergebnisse und der damit einhergehenden politischen Legitimation der Partei Putins ins Auge sticht. Ihrer Schilderung zufolge tun Skepsis gegenüber dem Westen und Nostalgie ihres zur Meinungsbildung noch dazu.
Ich glaube aber nicht, dass die Russländer_innen auch nur einen winzigen Moment auf Werte verzichten möchten, die wir im Westen mit Deokratie verbinden, nämlich Freiheit und eine gesicherte Existenz, die das menschenrechtlich verankerte Streben nach Glück ermöglichen!