Russland hat kein Interesse an Iran als nuklear bewaffnetem Akteur. Aber bereits die Kernwaffenoption des Iran wird als hinnehmbar erachtet. Die Haltung Russlands zu einem scharfen Sanktionsregime gegen Iran ist sehr zurückhaltend. Dies hat zum einen mit den engen wirtschaftlichen Beziehungen mit Iran zu tun – allen voran im Energie- und Rüstungssektor (Verkauf von Tor M1-Abwehrraketen, zugesagter Verkauf von S300-Abwehrsystemen), aber auch in der zivilen Luftfahrt (Tupolev TU-204).
Durch die bilateralen wirtschaftlichen Sanktionen der USA und von EU-Staaten gegen Iran, konnten russländische Unternehmen ihre Präsenz auf dem iranischen Markt aber ausweiten. Überdies unterstützt die Haltung der EU und der USA, in den iranischen Gassektor nicht zu investieren dem russländischen Staatskonzern Gazprom: Iran wird als strategischer Rivale Gazproms auf dem europäischen Gasmarkt neutralisiert. Iran wird strukturell gezwungen, seine Gasexportmärkte in Ost- (China, Südkorea) und Südasien (Pakistan, Indien) zu suchen.
Zum anderen ist Iran für Russland ein willkommener Antagonist der USA im nahöstlich-kaspischen Raum. Überdies hat Iran in gleichsam entgegen-kommender Geste keine islamistisch-terroristischen Aktivitäten im nördlichen Kaukasus oder in Zentralasien unterstützt. Strategisch gesehen hat Russland auch nur ein bedingtes Interesse, die ‚Iran-Frage‘ zu lösen: Iran bleibt ein zentraler Störfaktor für die USA und die EU in der Region und Russland hat wenig Interesse, diesen Akteuren in dieser Misere auszuhelfen. Die militärische Eskalation der Iran-Frage würde die Position der USA in der muslimischen Welt schwächen – ein indirekter Nutzen für Russland. Steigende Ölpreise als Folge einer militärischen Eskalation sind ebenfalls zum Nutzen Russlands.
Diese Argumentation unterstreicht nach realistischer Sicht der Dinge die Berechtigung der USA, ihren Raketenschild in Rumänien – gerichtet gegen iranische Flugkörper – auf- und auszubauen, ob das nun Russland passt oder nicht. Außerdem konterkariert das hier aufgezeigte Vorgehen Moskaus seine gleichzeitigen Bemühungen, in eine gesamteuropäische Sicherheitsstruktur oder etwa neuerlich sogar in die NATO neuen Zuschnitts (wie seinerzeit vergebens bereits vor Gründung des Konkurrenzunternehmens Warschauer Pakt) aufgenommen zu werden. Russland wird sich entscheiden müssen, wo seine Interessen geopolitisch nun wirklich liegen, abgesehen von kurzfristigen wirtschaftlichen Vorteilen. Das taktische Lavieren wird weder von den USA noch von den neuen
EU-Mitgliedern Mittel- und Osteuropas auf Dauer hingenommen werden. Nach wie vor gilt nämlich für die EU die Devise: Weniger abhängig werden von Russland als beinahe monopolistischem Gaslieferanten. Die von Gazprom nicht goutierten LNG-Terminals rund um den Kontinent sollen nicht zuletzt auch dazu dienen.
Wenn diese Verlechtungen so offensichtlich sind und auch bewusst gemacht werden, wie Sie es ja hier tun, weshalb wird dieser unverantwortliche und fürchterliche Wirtschafts – Krieg – Schrecken nicht beendet? Warum können die mächtigen Personen dieser Staaten nicht aufhören, diesen Verflechtungen nachzugeben? Ich weiß, ich argumentiere nicht dem politikwissenschaftlichen Jargon entsprechend, aber weshalb beugen sich scheinbar alle diesem kriegerischen Widersinn? Politisches Interagieren scheint ein Strategiespiel zu sein, dessen Steine lebendig sind?