Das Szenario eines vorzeitigen Rücktritts von D. Medvedev als Präsident Russlands wird wahrscheinlicher. Durch die Demission rückt der Vorsitzende der Regierung – Vladimir V. Putin – zum amtierenden Präsidenten auf und kann in dieser Funktion die Wahl zum Präsidentenamt, die trotzdem wie geplant am 4. März 2012 stattfinden könnte, bestreiten.
Art.41 (1) und (2) des Gesetzes über die Wahl des Präsidenten Russlands (N 19-ФЗ) vom 10. Jänner 2003 (in der Fassung des Bundesgesetzes vom 21.07.2005 N 93-ФЗ) sieht vor, dass ein Vorsitzender der Regierung, der sich um das Präsidentenamt bewirbt, aus seiner Funktion keinen Vorteil beziehen darf. Das ist als Rücktrittserfordernis zu interpretieren. Putin müsste daher nach der Registrierung seiner Kandidatur durch die Zentrale Wahlkommission (die Entscheidung darüber muss nacht Art. 39 (1) spätestens 10 Tage nach der Entgegennahme der Registrierungsdokumente durch die Zentrale Wahlkommission erfolgen) innerhalb von 3 Tagen seinen Rücktritt als Vorsitzender der Regierung einreichen. Der Wahlkampf müsste von Putin dann außerhalb jeglicher offizieller Funktion bestritten werden.
Putin hat die Unterlagen zur Registrierung als Kandidat bei den Präsidentenwahlen der Zentralen Wahlkommission am 7.12.2011 übergeben. Eine Entscheidung der CIK wäre daher bis 17.12.2011 erforderlich. Eine Entscheidung Putins, zurückzutreten, müsste daher bis 20. Dezember 2011 erfolgen.
Die Demission Medvedevs, der zumindest bislang noch nicht bekundet hat, sein gewonnenes Mandat in der am 4.12.2011 gewählten Staatsduma nicht anzunehmen, erlaubt Putin, die höchste Macht des Staates offiziell in den Händen zu halten und mit dem Prestige des Amtes den Wahlkampf zu fechten. Als offizieller Amtsträger – und als amtierender Präsident darf er sich um das Amt des Präsidenten natürlich bewerben – ist ihm dann eine hohe mediale Visbilität sicher, die weniger leicht zu legitimieren wäre, wenn Putin ohne offizielles Amt wäre.
Eine zweifelhafte, aber dadurch nicht unmögliche Interpretation der Bestimmungen des Wahlgesetzes wäre, dass Putin das Amt des Vorsitzenden der Regierung trotz Registrierung als Kandidat bei den Präsidentenwahlen nicht zurücklegen muss, sondern gleichsam ‘Urlaub’ nimmt. Möglich wäre natürlich auch, dass Putin offiziell darauf verzichtet, einen Wahlkampf zu betreiben. Seine hohe mediale Präsenz würde dann eben damit erklärt, dass die Medien nur die ‘normale Tätigkeit Putins als Vorsitzendem der Regierung’ beobachten und darstellen.
Medvedev wiederum muss bis zur konstituierenden Sitzung der Staatsduma am 21.12.2011 entscheiden, ob er das Mandat annimmt. Er könnte also demissionieren und in die Staatsduma wechseln. Das Amt des Vorsitzenden der Staatsduma ist zwar neu zu besetzen; derzeit erscheint es aber wahrscheinlicher, dass Sergei Naryshkin dieses Amt erhalten wird. Dieser hat heute sein Mandat in der Staatsduma angenommen und seinen Rücktritt als Leiter (rukovoditel’) des Präsidialamtes eingereicht. Naryshkin und Putin haben sich an der KGB Hochschule in den späten siebziger Jahren kennengelernt.
Welche strategischen Vorteile diese Rochade angesichts der sozialen Proteste gegen die Wahlmanipulationen zudem haben könnte, lesen Sie demnächst auf diesem blog.
Foto: http://www.forbes.com/profile/dmitry-medvedev/gallery/40
Hat demnach Van Rompuy in Brüssel (Gipfel EU-RF) bereits mit einer “lame duck” hinsichtlich der 10 Milliarden-Unterstützung der RF für die EU via IMF parliert? Woher sollte die RF dieses Geld auch nehmen?
nichts neues und, eigentlich, nichts tragisches. ein blick von innen ist aber immer interessant.
nemcov telephoniert mit den anderen oppositionellen:
http://www.lifenews.ru/news/77459