nabucco ist tot!

Das Gasleitungsprojekt Nabucco wird in der bisherigen Form nicht mehr verwirklicht werden. Nabucco sollte als strategisches Leitungsprojekt mit einem Transportvolumen von 31 Mrd.m3 Erdgas/Jahr  die Lieferanten von Erdgas für den EU-Markt und das Importleitungsnetz diversifizieren. Signifikante Mengen von Erdgas sollten aus dem Kaspischen Raum und dem Mittleren Osten importiert werden. Überdies sollte dieses Erdgas in Märkte transportiert werden, die sehr stark/völlig von russländischem Erdgas abhängig sind. Als Leitungsvorhaben, das diese Ziele verwirklichen will, ist Nabucco gescheitert. Dem Konsortium ist es nicht gelungen, dieses Projekt zu finanzieren und ausreichende Gaslieferverträge abzuschließen. Mit der Einigung zwischen Azerbaijan und der Türkei im Dezember 2011, eine neue, zumindest zunächst auf 16 Mrd.m3/Jahr begrenzte, Leitung von der türkisch-georgischen zur türkisch-bulgarischen Grenze zu bauen, soll das durch die Erschließung von Shah Deniz II ab 2017 entstehende azerbaijanische Exportvolumen von 16 Mrd.m3/Jahr transportiert werden. 6 Mrd.m3/Jahr sind davon für die Türkei vorgesehen; 10 Mrd.m3/Jahr können auf den EU-Markt transportiert werden.

Das Nabucco-Konsortium könnte dieses Volumen an der türkisch-bulgarischen Grenze übernehmen und über eine kleiner dimensionierte und wesentlich billigere ‘Nabucco-light’ oder ‘Nabucco-West’ über Bulgarien, Rumänien und Ungarn nach Österreich leiten. Die niedrigeren Kosten wären für einige Unternehmen des Konsortiums dringlich geboten; insbesondere für die deutsche RWE, die am Ausstieg Deutschlands aus der Kernenergie finanziell ‘leidet’. ‘Nabucco light’ hat aber strategisch nichts mehr mit den bisher mit Nabucco verfolgten Absichten zu tun. Darüber hinaus ist keineswegs sicher, dass die Unternehmen des Nabucco-Konsortiums sich den Zugriff auf diese 10 Mrd. m3/Jahr sichern können. Darum bemühen sich auch die Leitungsprojekte TAP, ITGI und SEEP – alle mit kompetitiven Vorteilen und Nachteilen.

Abzuwarten bleibt, ob sich die Nabucco-Konsortialpartner (oder einige von ihnen) an dem Leitungsprojekt TANAP beteiligen werden. 80 Prozent der Anteile von TANAP werden derzeit vom azerbaijanischen Unternehmen Socar gehalten, 20 Prozent von der türkischen Botas (die auch dem Nabucco-Konsortium angehört). Socar hat wiederholt erklärt, andere Unternehmen könnten sich an dem Vorhaben beteiligen; die Frage ist nur, zu welchen Konditionen.

Mittelfristig ist natürlich eine Erweiterung des Transportvolumens  der TANAP denkbar: Azerbaijan erschließt über Shah Deniz hinaus noch andere große Gasfelder: unter der Leitung des französischen Unternehmens Total wird das Feld Absheron entwickelt und soll 2021 in Produktion gehen. Möglicherweise wird es in einigen Jahren auch gelingen, Turkmenistan an diesen Transportkorridor anzuschließen; vielleicht auch Kurdistan. Wie der europäische und der globale Gasmarkt in 2020 aussehen wird, wird dann darüber entscheiden, ob eine strategische Variante ‘Nabucco 2.0’ nicht doch noch verwirklicht werden kann.

Foto: http://www.alaska-in-pictures.com/data/media/17/winter-alyeska-pipeline_3235.jpg

8 thoughts on “nabucco ist tot!”

  1. OMV-CEO Gerhard Roiss zeigt sich von der Totsagung wenig beeindruckt: “Nabucco wird noch 100 Mal sterben und 101 Mal auferstehen.” Wichtig sei für ihn, dass neue Gasreserven im Verteilerkreis in Baumgarten ankämen, nicht dass die OMV die Leitung baue. Sollte ein anderes Konsortium einen Teil der Pipeline bauen, “ist uns das recht”, so Roiss. Das sind offenbar neue Töne in dieser ewigen “soap-opera” …

  2. “Dem Konsortium ist es nicht gelungen, dieses Projekt zu finanzieren und ausreichende Gaslieferverträge abzuschließen.”

    Hier ist erwähnenswert, dass die USA um 2007 massiven Druck auf die OMV und Österreich ausgeübt haben. Das South Pars Gasfeld durfte von der OMV nicht aufgeschlossen werden, was zu Folge hatte, dass es seitdem einfach nicht genug Gas für diese Pipeline gab.

    Oder einfacher: Die USA haben aus ihrer iranophoben Haltung das Nabucco Projekt praktisch zerstört und Europa damit geschadet. “Gescheitert” ist eine sehr milde Formulierung dessen, was hier passiert ist.

  3. @2iguacu: Die vermeintlich “iranophobe Haltung” der USA ist dem Slogan “Stop the bomb” geschuldet, der jedoch nicht von den USA, sondern von Israel und diversen einschlägigen Propagandisten in der ganzen Welt – nicht zuletzt auch in Wien – ausgeht. In Wien sind sie sogar am Institut für Politikwissenschaft der Universität vertreten …

  4. Österreich durch Speichern 3 Gasleitungen und eigene Produktion ist gut versorgt. Nabukko war für Österreich überhaupt nicht notwendig. Es waren sehr Hinter der Kullissen gemacht und nur für OMV wäre das Projekt unnötig. Na ja, FSB arbeitet sehr gut.

  5. BP hat Sie inzwischen bestätigt! Herr Professor Mangott, ich gratuliere zu Ihrer Weitsicht …

  6. @6: Typischer Konzern-Hochmut! Aber dieser kommt bekanntlich vor dem Fall …

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