Die Einigung zwischen der OMV und Gazprom, eine Trasse der Gasleitung South Stream nach Baumgarten zu führen ist vernünftig; der Zeitpunkt der Bekanntgabe ist es weniger.
Die ostösterreichische Gasversorgung ist auf die Anbindung auf das veraltete und politisch konfliktorische Gastransitleitungsnetz der Ukraine angewiesen. Der Streit zwischen Naftgaz Ukrainy und Gazprom über unbezahlte Rechnungen, offene Zahlungen auf der Grundlage des take-or-pay Mechanismus, zurückzuerstattende Rabatte und der im Grundsatz beschlossene Übergang zum Mechanismus der Vorauszahlung von russländischen Gaslieferungen kündigt Unterbrechungen der Gaslieferungen Gazproms an die Ukraine an – zumal sich die ukrainische Seite weigert, den neuen Gaspreis von 485 USD/1.000 m3 zu bezahlen.
Wie schon oft könnte die Ukraine bei einer Gaslieferunterbrechung illegal das Transitleitungsgas anzapfen oder Gas aus den Gasspeicherstätten in der Westukraine entnehmen, um den eigenen Gasbedarf zu sichern. Dies würde zu einer Absenkung der Liefermengen an die EU, Moldova und die Türkei führen. Die Ukraine ist allerdings vertraglich verpflichtet, den Gastransit nicht zu unterbrechen. Auch hat Gazprom die Transitgebühren bereits im Voraus bezahlt. Sollte Gazprom die Gaszufuhr in das ukrainische Gasleitungsnetz aufgrund der illegalen Entnahme gänzlich einstellen, wäre die EU noch wesentlich stärker betroffen.
Angesichts der russländisch-ukrainischen Spannungen, die noch Jahre andauern werden, ist es für die OMV sinnvoll, russländisches Gas über alternative Gasleitungen zu beziehen. Das South Stream Projekt ist dazu bestens geeignet. Es wird damit vorerst nicht mehr Gas aus Russland nach Österreich kommen, sondern über eine alternative und moderne Gasleitung.
Österreich und Russland haben für die Verlegung schon vor Jahren ein Regierungsabkommen geschlossen – wie die anderen Staaten, auf deren Territorium die Leitung verlegt werden soll auch. Geschaffen wurde auch eine paritätisch ausgelegte South Stream Austria AG.
Allerdings hat die EU Kommission die Regierungsabkommen als Verletzung des Gemeinschaftsrechts – des dritten Energiepakets – eingestuft. In bilateralen Verhandlungen zwischen der Europäischen Kommission und Gazprom wird seit einigen Monaten versucht, die Konflikte auszuräumen. Gelingt dies nicht, wird das die österreichische Regierung wohl anleiten, das Abkommen zu kündigen. Ob dies ohne Strafzahlungen an Gazprom möglich sein wird, bleibt abzuwarten.
Unglücklich ist der Zeitpunkt der Bekanntgabe der neuen Vereinbarung. Es kann der Eindruck entstehen, dass Österreich seine Geschäftsbeziehungen mit einem russländischen Staatskonzern gerade dann intensiviert, wenn in der EU ansgesichts der Ukraine-Krise sektorale wirtschaftliche und finanzielle Sanktionen beschlossen werden könnten. Der Zeitpunkt der Bekanntgabe der bilateralen Einigung ist daher unglücklich; vielleicht aber sollte die Vereinbarung noch abgeschlossen werden, bevor solche Sanktionen verhängt werden.
Offen zu diskutieren ist natürlich auch, dass die Realisierung der South Stream Gasleitung die Ukraine finanziell deutlich schwächt, weil ihr die Transiteinnahmen entgehen werden. Inwiefern dies mit der Politik der EU vereinbar ist, die Ukraine wirtschaftlich und finanziell abzustützen, ist zu diskutieren.
Aber auch wenn der Zeitpunkt der Bekanntgabe ungelegen ist, ist die Vereinbarung selbst doch sehr vernünftig.
Bild: http://www.gazprom.com/press/news/2013/october/article176112/