War in the South Caucasus – Krieg im Südkaukasus

“With the military situation in South Ossetia still murky, some initial assessments of the eruption of violent conflict can still be made:

The military escalation at this point is exclusively in Georgia’s interest. Russia’s strategic interests had been the maintenance of the status-quo, as it had met all of Russia’s objectives. Thus it can be assumed that the military escalation of the past night was initiated by Georgia. Georgia’s president Saakashvili has declared the “restoration of the constitutional Order” as the strategic goal of the military operation. In so far, the Georgian side can only halt the military operations after that goal has been achieved, unless Saakashvili was to lose his face.

Russia on the other hand at the current escalation level had no other choice but to retaliate against the Georgian units by military means. Trained by US military advisors since 2002 and with Georgia‘s military budget to a very large extent financed by the US, the Georgian forces now make up about 35.000 soldiers. Many Georgian units have also obtained combat experience during their deployment in Iraq. These well-trained and well-equipped soldiers would have been able to overrun Ossetian militias. The collapse of the South Ossetian secession under Georgian military aggression was all but certain. As Russia had committed itself to the role as a guarantor of security in Ossetia, a military defeat of the South Ossetians as a result of Russian inactivity in the face of Georgia’s military assault, would have been a major loss of face for Russia; Russia’s credibility would have been damaged not just in the Georgian secession areas, but as a stability proliferator in the wider Caspian area.

What is more, Georgia’s military victory in South Ossetia would have strengthened Saakashvili’s position domestically (which had been eroded due to his political repression of the opposition and the social disillusionment) which in turn would most likely have made a military escalation against Abkhazia more likely in the months to come.

At this stage of the conflict, it can be expected that the Russian leadership will pursue a limited operation of returning to the status-quo-ante by sending additional troops to Georgia.

As a result of the current fighting the secession conflict has turned from an intra-state issue to an inter-state war. This is a radical change of the overall strategic constellation. With Georgia in a full-scale military conflict with Russia, Georgia’s further integration into the NATO can be ruled out for the foreseeable future. Although – perhaps it was the very ambition of Saakashvili to lead Georgia into NATO in due time caused him to launch the military assault. So far, Georgia’s rapprochement with NATO was blocked by the unsolved secession conflicts. His calculation could therefore well have been to crush the secession movements in Abkhazia and South Ossetia to pave the way for obtaining a Membership Action Plan with NATO at the alliance’s foreign ministers‘ meeting in December.


German version
:

Auch wenn die militärische Lage in Süsoesstien unübersichtlich ist, lassen sich doch erste Bewertungen vornehmen: Die militärische Eskalation ist ausschliesslich in georgischem Interesse. Russlands strategische Ziele waren auf die Bewahrung des status-quo ausgerichtet. Insofern ist davon auszugehen, dass die militärische Eskalation in der vergangenen Nacht auf georgische Initiative zurückgeht.

Georgiens Präsident Saakashvili hat als strategisches Ziel der Militäroperation die ‚Wiederherstellung der Verfassungsordnung‘ erklärt. Insofern kann die georgische Seite ihre militärischen Handlungen nur unter Gesichtsverlust Saakashvilis einstellen, bevor dieses Ziel erreicht ist. Russland hat(te) in der gegenwärtigen Eskalationsstufe keine andere Wahl als militärisch gegen die georgischen Einheiten vorzugehen. Die von Militärberatern der USA trainierten und die aus einem durch die USA weitgehend finanzierten Militärhaushalt ausgerüsteten Streitkräfte Georgiens (ca. 35.000 Soldaten), die auch durch ihren Kriseneinsatz im Irak kampferprobt sind, wären in der Lage, die südossetischen paramilitärischen Verbände niederzuringen. Der Kollaps der südossetischen Sezession als Ergebnis russländischer Untätigkeit wäre nicht nur ein Gesichtsverlust Russlands, sondern auch ein erheblicher strategischer Verlust. Die Glaubwürdigkeit Russlands wäre nicht nur in den georgischen Sezessionsgebieten, sonden auch als Ordnungmacht in der zentralasiatischen Region beschädigt. Außerdem würde es die Position Saakashvilis in Georgien zementieren und die militärische Eskalation gegen Abchasien in einigen Monaten wahrscheinlicher machen.

Gleichwohl verfolgt die russländische Führung mit der Entsendung russländischer Militäreinheiten von russländischem Staatsgebiet nur eine Minimalvariante – die Wiederherstellung des status quo ante.

Durch die Kampfhandlungen wurde der Konflikt von einer formal innerstaatlichen Auseinandersetzung zu einem zwischenstaatlichen Krieg. Dies stellt eine radikale Änderung der Lage dar. Mit Russland als Kriegsgegner Georgiens ist eine Integration Georgiens in die NATO auf absehbare Zeit gänzlich ausgeschlossen. Vielleicht hat aber gerade die NATO-Ambition Saakashvilis die georgische Militäraktion ausgelöst, weiss Saakashvili doch, dass die Lösung der Sezessionskonflikte in Abchasien und Südossetien Georgiens Chancen deutlich erhöhen würde, auf dem Außenministertreffen der NATO im Dezember d.J. den ‘Membership Action Plan’ gewährt zu bekommen.

Dieser Kommentar ist soeben auf der website der Tageszeitung ‘Der Standard‘ erschienen.

Foto: www.eichhorn.ws

5 thoughts on “War in the South Caucasus – Krieg im Südkaukasus”

  1. Es ist ein Verbrechen, dass Georgien sich der Friedensfahne der Europäischen Union bedient, um Krieg gegen die eigene Bevölkerung zu führen. EUROPA IST EINE FRIEDENSUNION.

  2. Zu erwähnen ist auch, daß es bereits in der Vergangenheit immer wieder zu kleineren von georgischer Seite verursachten Eskalationen kam. Saakashvili hatte bereits zu Beginn seiner Präsidentschaft erklärt das Land, notfalls auch militärisch, wiederzuvereinen, war allerdings nach einige bewaffneten Zusammenstößen im Sommer 2004, auch auf Druck des Westens, gezwungen den Plan zur Rückeroberung Südossetiens aufgeben. Nun, da die Stimmung im Westen von stärker werdender Ablehung gegenüber Russland geprägt ist, scheint man es erneut zu versuchen diesen ursprünglichen Plan umzusetzen und die jüngsten Äußerungen von Saakashvili, in denen er den Westen aufrief “aufzuwachen”, da Georgien nicht das letzte Ziel “russischer Aggression” sein werde, sondern sich diese viel mehr gegen westliche Werte, wie Demokratie, Freiheit und korruptionsfreie Marktwirtschaft (die er alle in Georgien verwirklicht sieht), im Allgemeinen richten würde, weisen in diese Richtung.
    Die georgische Führung dürfte sich von der Eskalation des Konfliktes eine Stärkung der westlichen “Front” gegen Russland erhoffen, sowie, nach den in Bukarest vorerst gescheiterten NATO-Bemühungen, eine verstärkte westliche Unterstützung der eigenen Postion im Verhältnis zu den südkaukasischen Sezessionskonflikten, sowie auch die Hoffnung, daß ein so treuer Verbündeter der USA in einem Krieg mit Russland nicht im Stich gelassen wird und die Eingliederung Südossetiens mit Gewalt vollziehen kann, oder zumindest einen für Georgien vorteilhafteren Friedensvertrag erreichen kann.

    Interessant dürfe in diesem Zusammenhang auch ein 2005 geschloßenes Beistandsabkommen zwischen Südossetien und Abchasien gegen Georgien sein, da dieses zu einer weiteren Eskalation der Krise beitragen könnte, wenn die abchasische Führung beschließt in den Krieg einzutreten.

  3. Stimme mit Lucas Maurer weitestgehend überein. Die Frage, welche Konsequenzen die jüngsten Ereignisse für die Annäherung Georgiens an die NATO haben, wird sehr kontrovers diskutiert und unterschiedlich beantwortet. Manche Beobachter meinen, die USA würden die europäischen Skeptiker Deutschland und Frankreich nunmehr dazu drängen, Russland zu signalisieren, dass auch bei anhaltenden Konflikten in den sezessionistischen Regionen die Annäherung Georgiens an die NATO unaufhaltsam sei.
    Andre Beobachter meinen, die Positionen Frankreichs und Deutschlands würden nun noch vehementer vertreten, weil diese Staaten nicht in die Situation geraten wollen, durch die Beistandsverpflichtung nach Art. 5 des Washingtoner Vertrages in eine militärische Auseinandersetzung mit Russland hineingezogen zu werden.

  4. Ich möchte Ihnen für Ihren Artikel danken. Sie sind offenbar der einzige westliche Politikwissenschafter, der von der Materie eine Ahnung hat und nicht die Lügengeschichten von CNN abschreibt.
    Ich sage Ihnen das, weil ich mit einer Frau aus Südossetien verheiratet bin und Ihre Eltern in Tshinvali 4 Tage in ihrem Keller verbracht haben um den georgischen Truppen zu entgehen. Die Georgier hatten nicht anderes zu tun als das Krankenhaus, die Schulen, die Universität und den Regierungssitz zu zerstören. Alles Einrichtungen, die ein Volk benötigt um ein Volk zu sein.
    10000 amerikanisch ausgebildete Soldaten gegen ein Häufchen Menschen, die nichts anderes wollen, als in dem Land zu leben in dem sie schon seit Jahrhunderten zu Hause sind. Die ganze Bewaffnung der Ossetier bestand in 8 alten russischen Panzern, von denen nur noch 6 einsatzfähig waren und in 3000 Gewehren. Da stellt sich doch die Frage, wer hier wen provoziert hat.
    Wen man dann noch falsche Bilder im Fernsehen verbreitet, wo es offensichtlich ist, dass es sich nicht um Georgien handeln kann, sondern nur um Tshinvali, dann fragt man sich, was das mit Journalismus zu tun hat. Für mich und für viele andere Menschen auch, die in der Lage sind sich eine selbstständige Meinung zu bilden, war dieser georgische Überfall nichts anderes als der Versuch eine ethnische Säuberung durchzuführen. Gott sei Dank, hat das russische Militär das verhindern können.
    Ich kann nur hoffen, dass europäische Politiker dieses verabscheuungswürdige Spiel durchschauen und vor allen Dingen, dass “Experten” zunächst recherchieren, bevor sie etwas nachplappern, was nicht stimmen kann.
    Es sind UNI-Professoren aufgerufen, wieder Kultur und Wahrheit im Journalismus einzufordern.

  5. Gerhard,

    ich stimme Dir in Deiner Analyse auf der Standard-Website weitgehend zu, bis auf einen Punkt, bei dem ich recht skeptisch bin.

    Das betrifft die NATO-Annäherung Georgiens. In meiner Wahrnehmung (ja, die Beweislast müßte ich erst im Detail erbringen) kann dies in zwei Richtungen los gehen:

    1) Die von dir vermutete, daß mittlerfristig ein NATO-Beitrittsfenster sich zu schließen beginnt, aufgrund der explosiven Lage.

    2) Die von mir eher vermutete, daß sich dadurch ein Betrittsfenster eher zu öffnen beginnt, in stiller Kontinuität der US-Außen- und Militärpolitik in der Region der geostrategischen Interessen der USA im Kaukasus.

    Aber bedenke bitte folgendes: Art 5 NATO-Vertrag wurde erstmals nach 9/11 seitens der Europäer aktiviert und der Kampf der diversen NATO-Alliierten in Afg ist hoffnungslos und nicht zu gewinnen. Trotzdem wird aus Mangel an Einsicht und der Banalität der Dummheit dort mit untauglichilchen militärischen Mitteln versucht, eine Entscheidung herbeizuführen, die letztlich nur als Nicht-Entscheidung wird enden können. Ähnlich der sojwetischen Intervention. Die Freiheit Europas wurde nicht am Hindukusch bedroht. Aber kein Dummkopf von Politiker kann von diesem Mantra mehr zurücktreten.

    Auch die Freiheit Europas wird nicht im Kaukasus bedroht sein, sehr wohl aber die gegenwärtige Stabilität in der Region, eine stabile oder instabilere Situation, die sehr wohl auch auf Kerneuropa Auswirkungen haben wird. Und auf das gesamte great-game im Energie-Poker.

    Ohne gröbere Verschwörungstheorien: Es gibt zahlreiche Hinweise, daß sowohl das Timing (Beginn von Bejing Olympia) wie auch die Durchführung des Ganzen eher eine Operation gemeinsam von CIA und Georgien war, denn eine Provokation Moskaus. Im Standard vom 11.08.08 steht natürlich das Gegenteil, aber was will man denn von diesem Schundheft (Entschuldigung) sonst erwarten.

    Ich gebe insofern zu, daß es eher unklar ist, in welche Richtung sich die Situation entwickeln wird und würde konzedieren, daß zu viele unabhängige Variable im Raum sind, über die sich die Akteure auch noch nicht ganz klar wurden – oder die sie überfordern.

    Prognostiziere jedoch einen Positionsgewinn zugunsten Georgiens, zu Lasten der RF und zu Gunsten der USA.

    Das wars, wollte noch sagen, daß es von mir auch bald eine eigenständige Home-Page mit aktuellen Analysen geben wird.

    Georg Schöfbänker

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