Die Sanktionen des Westens gegen Russland wirken

Putin sagt nun öffentlich, die westlichen Sanktionen könnten “mittelfristig negative Konsequenzen” für Russland bringen. Bislang meinte er immer, die Sanktionen könnten der russischen Wirtschaft nichts anhaben. Diese Bemerkung ist beachtlich – nicht ob ihres Inhalts, sondern weil sie öffentlich gemacht wurde. Damit unterstützt Putin die westlichen Argumente, dass die Sanktionen gegen Russland sehr wohl wirksam sind; und das jedes Monat mehr. Das ist ein Erfolg, den Putin dem Westen hier bereitet. Es wird auch schwieriger, für die radikale Rechte und Linke in Europa an ihrem Argument festzuhalten, dass die Sanktionen nicht wirken würden; sondern vielmehr den westlichen Ländern selbst schaden würden. Letztere Einschätzung wird durch Putins Äußerung nicht widerlegt, sehr wohl aber das Argument der angeblichen Wirkungslosigkeit der Sanktionen.

Putin ist natürlich bewusst, dass seine Worte im Westen dankbar aufgenommen und propagandistisch verwertet werden. Warum macht er dann diesen Schritt? Es gibt nur eine einzige plausible Erklärung: Putin will die russische Bevölkerung auf negative Entwicklungen der Wirtschaft hinweisen und vorwarnen. Russland wird sich den Konsequenzen der westlichen Sanktionen nicht entziehen können.

Die Sanktionen haben bislang dazu geführt, dass die russische Wirtschaft 2022 in die Rezession geschlittert ist. Zwar nur um 2,1 Prozent, wie russische Regierungsbehörden sagen; oder auch um 3 Prozent, wie der Internationale Währungsfonds angibt. Das ist deutlich weniger, als noch im Frühjahr 2022 im Westen erwartet und erhofft worden war. Es gilt aber zu bedenken, dass die Wachstumsaussichten für Russland im Jahr 2022 vor dem Krieg bei 3,5 Prozent lagen. Dieses Wachstum wurde nicht nur nicht realisiert, sondern die Kontraktion der Volkswirtschaft ist eingetreten. Auch ist zu sagen, dass die immens gesteigerten Rüstungsausgaben das BIP Russlands stützen.

Deutlicher sind die Auswirkungen der Sanktionen auf den russischen Staatshaushalt. 2022 verzeichnete Russland ein Budgetdefizit von ca. 2 Prozent des BIP. Dieses Jahr wird das Defizit deutlich steigen. Das hängt vor allem mit den hohen Rüstungsausgaben, aber auch mit den verminderten Einnahmen Russlands aus dem Energieexport zusammen. Die Sanktionen der EU im Kohle- und Ölsektor treffen Russland hart; diese Produkte können nicht in vollem Umfang auf Drittmärkten verkauft werden. Aber auch die Abkehr der meisten EU-Staaten von russischem Gas trägt zu dieser finanziellen Austrocknung bei. Russland kann das Budget auf kurze Zeit aber stabilisieren, in dem die Mittel aus dem Nationalen Wohlfahrtsfonds genutzt werden. Dieser hat eine mutmaßliche Einlage von 162 Mrd. Dollar. Doch das wird nicht dauerhaft helfen. Irgendwann wird sich die russische Führung der Tatsache widmen müssen, dass hohe Rüstungsausgaben bei sinkenden Staatseinnahmen auch die Sozialausgaben verringern werden. Das aber würde zu Unmut und Unzufriedenheit in der russischen Bevölkerung führen.

Wachsende negative Auswirkungen werden die westlichen Exportverbote für Hochtechnologie haben. Besonders die russische Auto- und Luftfahrtindustrie leidet darunter stark. Aber auch andere Branchen in der zivilen und militärischen Industrie sind davon betroffen. Sie alle verwenden hochwertige westliche Komponenten in der Fertigung, die nur teilweise von China bereitgestellt werden können und wollen.

Die anfänglich hohe Inflation in Russland ist nach einem deutlichen Anstieg im Frühjahr 2022 bis Ende des letzten Jahres auf 11,6 Prozent zurückgegangen. Am Mittwoch wurde eine Inflationsrate von 6,4 Prozent gemeldet. Wenn diese Angaben stimmen, ist das ein Erfolg, der vor allem auf die Zinspolitik der Zentralbank Russlands zurückzuführen ist. Die Sanktionen treiben die Inflation also nicht wirklich in die Höhe.

Die Sanktionen des Westens wirken als Bestrafung Russlands. Russlands Verhalten, den Krieg in der Ukraine zu führen, zu ändern, wird aber nicht gelingen. Dafür sind die geopolitischen Ambitionen für Putin wichtiger, als das wirtschaftliche und soziale Wohlergehen des Landes. Wirksam werden die Sanktionen mittelfristig auch darauf, die Kriegsführungsfähigkeit Russlands zu verringern – durch finanzielle und technologische Austrocknung.

Die westlichen Sanktionen wirken also; und das immer mehr. An dieser Tatsache kann auch die russische Propaganda nicht mehr vorbei. Daher die Botschaft des Präsidenten an die Bevölkerung: Die Zeiten werden härter werden.

 

Dieser Text ist als Gastbeitrag am 30.3.2023 auf focus.de erschienen (https://www.focus.de/panorama/welt/gastbeitrag-von-gerhard-mangott-und-ploetzlich-sagt-putin-einen-satz-der-wagenknecht-und-co-zu-denken-geben-sollte_id_189736756.html)

Photo credit: https://www.entrepreneur.com/growing-a-business/how-entrepreneurs-can-win-during-a-recession/348975

One thought on “Die Sanktionen des Westens gegen Russland wirken”

  1. Alles, was nicht in die eigene Erzählung passt, lässt der Herr Professor weg – es würde der
    FOCUS auch nichts anderes abdrucken.

    Wieso
    legen Sie nicht die kompletten
    Daten zum Wirtschaftskrieg vor, sondern nur die, die in ihr Bild passen ?

    Ich habe ein anderes Verständnis von Wissenschaft !

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