Zorn, der keine Erkenntnis bringt

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Bernd Marin – sociologist – in two op-eds has criticized talking to Iran on nuclear issues in scientific circles let alone engage that country in a long-term perspective. He attacked those who promote these strategies as either fools or collaborators (excerpts of Marins comment are published below my op-ed). Find below my response in an op-ed exclusively published by the Austrian daily ‘Der Standard’ on January 25th, 2007.

 

Mit heiligem Zorn stürzt sich Bernd Marin in die Debatte über die Schrecknisse eines nuklearen Iran; dabei ist doch bekannt, daß der Zorn der Erkenntnis zumeist im Wege steht; vor allem dann, wenn dieser sich aus jenem entlädt, der in sicherheitspolitischen Debatten bislang unbekannt war. Sich dem Dialog zu verweigern macht zwar nicht taub, aber dumm – denn dann bleibt der sozialwissenschaftliche Denker Gefangener seiner Ahnungen und Vorurteile, vielleicht auch seiner moralischen Gewissheiten, ohne zumindest zu erahnen, wie jene denken, die wir zurecht als bedrohlich, fanatisiert und gewaltbereit begreifen müssen.

Die nuklearen Begehrlichkeiten des Iran sind zwar nicht bewiesen, dennoch lassen die Anzeichen der Täuschung, der Tarnung und des Verbergens Zweifel, Misstrauen und Vorsicht aufkommen. Kaum noch lässt sich leugnen, dass das islamische Regime zumindest die nukleare Option anstrebt – um damit aber noch immer der massiven nuklearen Bewaffnung seiner Nachbarn Indien, Pakistan und Israel nachzuhinken.

Auch ist zu erahnen, dass eine nukleare Bewaffung Irans, die nukleare Option für Saudi Arabien, Ägypten, Syrien und der Türkei zwingend macht. Ganz sicher auch ist im demokratisch regierten Israel der Einsatz nuklearer Macht nur das letzte Mittel zur Verteidigung. Dasselbe kann von dem autoritären Regime in Iran leider nicht angenommen werden.

Dennoch ist es für die sozialwissenschaftliche Debatte unerlässlich, die Denkstrukturen, die Motive und Absichten derer zu erfahren, deren Gegnerschaft man fürchtet. Ziel ist dabei nicht, sich diesen anzudienen, zu verharmlosen oder gar – wie Marin schändlich unterstellt – zu kollaborieren.

Aber die Erforschung von Motivlagen und Perzeptionen zählt zu den grundlegenden Bausteinen sicherheitspolitischer Analyse. Vielleicht mag dies den Männern des heiligen Zorns und der festen Überzeugung zu mühsam oder gar als unnotwendig erscheinen. Wer sich dieser Mühen der Erkenntnis aber entzieht, fällt der Leichtigkeit des ideologischen Urteils und der verzerrten Deutung zum Opfer.

Überzeugungen sollten Erkenntnissen nicht im Weg stehen. Natürlich ist nicht zu bestreiten, dass Achmadi-nejad totalitären Wahnideen anhängt und vermutlich davon auch überzeugt ist. Es ist aber unrichtig zu leugnen, dass ihm mit Rafsandjani, Chamenei und Larijani andere Machtzentren entgegenstehen und ihn einhegen.

Hätte Iran eine nukleare Waffe, würde diese zweifellos nicht in den Händen des totalitären Eiferers landen. Auch ein nuklear bewaffneter Iran wird dadurch nicht zwangsläufig zum regionalen Aggressor.

Die nukleare Bewaffnung Irans gilt es dennoch, wenn möglich, zu verhindern – das Risiko nuklearer Rüstungseskalation kann zu gross werden, der Aufbau der strategischen Kultur der wechselseitigen Abschreckung ist keineswegs zwingend erreichbar, somit nukleare Erstschläge nicht undenkbar. Dazu gilt es, viele denkbare Möglichkeiten einzusetzen: harte, aber auch intelligente Sanktionen, die das nukleare Entwicklungsprogramm erschweren und verlangsamen können, ohne aber damit zwingend die aufgewühlte Bevölkerungsmehrheit im Taumel nationaler Geschlossenheitsbezeugungen hinter dem fanatisierten Gewaltrhetoriker zu sammeln.

Verhandlungen sind aber ebenso unabdingbar, und es wäre wohl besser, diese ohne Vorbedingungen zu beginnen. Wer in Unterredungen den anderen zu Zugeständnissen bewegen will, darf von ihm nicht vorher verlangen, sein Gesicht zu verlieren. Militärische Luftschläge aber, die Marin anmahnt, sind das geistige Spielzeug derer, die in der Flamme des Krieges das beste Instrument zur Lösung nahöstlicher Verstrickungen sehen; wer darin verbrennen wird, ist in den Landstrichen zwischen Basra, Faluja und Bagdhad jeden Tag neu zu sehen. Bernd Marin sollte sich in die unzähligen Studien vertiefen, in denen die Untauglichkeit militärischer Präzisionsschläge nachgewiesen, die unermessliche militärische, humane und wirtschaftliche Eskalation einer Bodeninvasion durchleuchtet wird.

Wenn die Alternative die militärische Verwüstung des Iran ist, ohne auch dessen nukleares Wissen zu vernichten; wenn die militärische Verheerung den Weg zur iranischen Atombombe nur länger, aber nicht unbegehbar machte, sollte besser darüber nachgedacht werden, ob die iranische nukleare Bewaffnung akzeptiert und in einem regionalen Sicherheitssystem ausbalanciert werden kann.

Nach der Gewalt zu rufen, um Bedrohungen zu beseitigen, ist gerade dann eigenartig, wenn man diese durch Marins Gesprächs-, Denk- und Verhandlungsverweigerung gar nicht richtig versteht. Der Zorn darf nicht blind machen – auch wenn er angeblich heilig ist.

My comment was written in response to two op-eds of Bernd Marin. The main messages of these comments:

‘(….) Will oder kann man nicht verstehen: Politiker, deren Realitätssinn und Wahrheitsliebe sich am “historischen Ereignis Holocaust” zeigt, wie sie sich zeigt, die feindselig das “zionistische Gebilde” Israel “tilgen” wollen – mit Repräsentanten eines solchen Regimes trotzig ihre “friedliche” Atompolitik diskutieren anstatt sie zu boykottieren, das ist für alle, die die Erde nicht für flach und die Shoah oder 9/11 nicht für eine jüdische Weltverschwörung halten, irgendwie unfassbar.

Welcher Mensch bei Sinnen kann Friedensbeteuerungen solcher Realitätsleugner irgendeinen Glauben schenken? Oder Verhandlungen mit ihnen – ohne massive Sanktionsdrohungen – für sinnvoll halten?

(…)

Nur nützliche Idioten und Komplizen diskutieren Frieden mit Hitler, die “Rassenfrage” mit dem Apartheid-, und Atompolitik mit dem Mullah-Regime.

Denn islamistisch-faschistische Staaten, die Holocaustleugnung und Opferverhöhnung vom Präsidenten abwärts von Amts wegen betreiben, Terror fördern und anderen UN-Mitgliedern mit Auslöschung drohen, müssen mit allen, wirklich allen Mitteln bekämpft werden, juristischen, politischen, gesellschaftlichen, diplomatischen – und wenn nötig selbstverständlich auch militärischen.

Andernfalls würde die bittere Karikatur Wirklichkeit werden, in der Ahmadi-Nejad flammend ausruft “There is no Holocaust . . .” und auf einer zweiten Seite die Rede fortsetzend hinzufügt “. . . yet”.

Ob das mit friedlichen Mitteln allein noch zu verhindern ist, wird sich erst zeigen müssen.’

(DER STANDARD-Printausgabe, 22.1.2007)

 

The full text of Marins comments can be downloaded from http://www.euro.centre.org/detail_people.php?xml_id=83 

29 thoughts on “Zorn, der keine Erkenntnis bringt”

  1. Dear Readers!

    Please find below the ‘Open Letter’ sent to me by Bernd Marin responding to my comment in ‘Der Standard’ on January 25th, 2007. Please decide yourself whether this comment is insulting. By the way, I was surprised by this patrimonial tone of the letter, as we have never met personally.

     

     

    Lieber Gerhard Mangott, Du weißt, wie ich Dich schätze. Doch Dein supercooler Realpolitikanalyse-Gestus passt besser im Kreml oder am Kaukasus als gegenüber dem Islamo-Faschismus des Iran.

    Das siehst Du ja auch selbst: „Natürlich ist nicht zu bestreiten, dass Ahmadi-Nejad totalitären Wahnideen anhängt und vermutlich auch davon überzeugt ist.“ Den Unterschied von autoritär und totalitär brauche ich wohl ebenso wenig auszuführen wie die Folgen totaler Bewaffnung Wahnsinniger: Auch für Dich sind “nukleare Erstschläge nicht undenkbar“. Auch Du schließt nicht aus, dass „der Einsatz nuklearer Macht nur (als) das letzte Mittel der Verteidigung….vom Regime in Iran leider nicht angenommen werden“ kann. „Kaum noch lässt sich leugnen, dass das islamische Regime zumindest die nukleare Option anstrebt“. Schließlich „dass eine nukleare Bewaffnung Irans, die nukleare Option für Saudi-Arabien, Ägypten, Syrien und der Türkei zwingend macht“.

    Diese Analyse teilen wir. Und auch die Sorge, wie wir „jene… die wir zurecht als bedrohlich, fanatisiert und gewaltbereit begreifen müssen“ in ihren „Wahnideen“ einbremsen können.

    Dann ein paar Klarstellungen: ich bin, entgegen Deinen Unterstellungen, nicht dafür, „sich dem Dialog zu verweigern“, sondern nur gegen publikumswirksame rituelle Pseudodialoge, gegen Propaganda zum Fenster hinaus. Ich bin nicht gegen Verhandlungen, aber nur„in diplomatisch-militärischen Fachzirkeln“. Ich bin nicht dafür „nach der Gewalt zu rufen, um Bedrohungen zu beseitigen“, sondern nur für eine glaubwürdige Drohkulisse gegenüber diesen „Bedrohungen“.

    Völlig frei erfunden hast Du „militärische Luftschläge…die Marin anmahnt“. Einfach unwahr, aus der Luft gegriffen. Das hast Du nicht nötig. Ebenso den merkwürdigen Hinweis auf „das geistige Spielzeug derer, die in der Flamme des Krieges das beste Instrument zur Lösung nahöstlicher Verstrickungen sehen; wer darin verbrennen wird ist zwischen Basra, Falluja und Bagdad jeden Tag neu zu sehen“.

    Wie wahr! Deswegen war ich auch gegen den Irak-Krieg, dessen Befürwortung Du mir unanständig unterstellst. Hier kam der pazifistische Lyriker Mangott dem coolen Analytiker Mangott in die Quere. Und dass „die militärische Verwüstung des Iran“ die einzige Alternative dazu ist „ob die iranische nukleare Bewaffnung akzeptiert…werden kann“ ist nicht realpolitisch analysiert, sondern nur apokalyptische Weltkriegsfantasie, von der sonst nur die Häuselsprüche der Web-Stammtischbrüder voll sind.

    Wir unterscheiden uns eigentlich nur, aber doch darin: Du bist für „Verhandlungen…. ohne Vorbedingungen“, damit die Mullahs nicht ihr „Gesicht verlieren“, während ich „Zugeständnisse“ auch von den von Dir angemahnten „harten, aber auch intelligenten Sanktionen“ erwarte. Du willst „die nukleare Bewaffnung Irans … wenn möglich … verhindern“, ich auf jeden Fall. Und ja, ich bin zornig. Wie Bürger von Aristoteles bis Sloterdijk. Aber weder „dumm“ genug, diesen Zorn für „heilig“ zu halten, noch jemand, der sich den „Mühen der Erkenntnis entzieht“, im Gegenteil.

    Eben deshalb kann ich Deiner letzten und einzigen Hoffnung gegen den, wie Du sagst, „fanatisierten Gewaltrhetoriker“ Ahmadi-Nejad, nämlich dass „mit Rafsandjani, Chamenei und Larijani andere Machtzentren entgegenstehen und ihn einhegen“ nicht teilen. Sich von diesem „einhegen“ wirksamen Widerstand gegen den Präsidenten in der Atomfrage zu versprechen ist kein „grundlegender Baustein sicherheitspolitischer Analyse“, auf den wir uns verlassen sollten. Auf solchen Flugsand an Illusion zu bauen ist der Weltfriede zu kostbar – und alle Repräsentanten des Mullah-Regimes zu wirr.

  2. Not insulting, just straight. The "Du" is probably somewhat revealing of the political background. But, many points are right on spot. especially the use of "totalitarian"/"authoritarian". I totally subscribe to his point of view. Basically, in this business: The ones who cannot take the heat should stay out of the kitchen.

  3. Don’t worry Nathalie – I can take the heat, even of those who forget to argue, but preach.

    This debate is immensely necessary as there seem to be so many out there making use of huge amounts of money to prepare the stage for a military onslaught on Iran. It is a tragedy that the Holocaust has to serve as an excuse for a neocon agenda or what is, in my view, a false Israeli national security concept. The Holocaust inferno must not be equated with the limited threat of Iran’s military posture for Israel’s security.

  4.  "huge amont of money"? Bernd Marin? neo-con agenda, who? Henryk Broder & co ? are you divorcing from reality? There must be other ways to go through this debate, frankly. And other ways than paying a visit to the Embassy of Iran, too.

  5. It is revealing that you consider those who do not give in to demonising Iran as ‘divorcing from reality’. It is also surprising that a social scientist does not approve of obtaining information from all sides – about their motives, their way of thinking, the way they deal with arguments. Drinking tea with an Ambassador can be of great interest – at least for a scientist.

  6. O-Ton aus Budapest: "Letztlich kommt es darauf an, wie man den Iran einschaetzt – ich halte ihn für ein seltsames System, religiös-fundamentalistisch-autoritär, aber (noch?) nicht totalitär." Anton Pelinka

    Fine, it makes two I disagree with. For me, Iran is a totalitarian state that needs to be stopped by all means.

  7. Lieber Gerhard Mangott,

    zuletzt in Harald Waldrauch’s Garten in Mödling hatten wir einander nicht nur getroffen, sondern auch geduzt und lange gut unterhalten – soviel zum "patrimonial tone of the letter, as we have never met".

    Aber wir könnten natürlich frühere Begegnungen einfach vergessen oder leugnen und einander wieder siezen, wenn Ihnen das lieber ist und besser ins neue Feindbild passt. (Nur: was machen wir mit den Zeugen früherer Geschehnisse?) Soviel zur Wahrheit, bei der ich Sie, wie schon in Ihrer Entgegnung, zu bleiben bitte.

    Mein Kommentar hat sich um viel Sachlichkeit und Freundlichkeit bemüht, obschon er angesichts Ihrer vielen Insulte von "schändlich" bis "dumm", und zwar ad hominem, ad personam auch wie Ihrer ausfallen hätte können. Dass Sie ihn "insulting" finden ist schon irgendwie kurios. Zu den krausen Verschwörungstheorien – "huge amounts of money", "military onslaught on Iran", "the holocaust…as an excuse for the neo-con agenda" – und das im Zusammenhang mit mir ist fast schon wieder drollig.

    Stellen Sie sich vor, ich würde Ihr "drinking tea with an Ambassador" of the Islamic Republic of Iran als wissenschaftliche Erkenntnisquelle gleichermaßen fair beurteilen wie Sie meine Polemik ist eine Polemik und kein Proseminar für staunende Studienanfänger !?

    Schwamm drüber, it does not pay to come so close.
    Regards

    Bernd Marin

    P.S.: Hoffe, Sie setzen – wenn schon – meine beiden Originalartikel Polemiken, auf die Sie so zornig wurden, und meine nunmehrige Antwort auch auf Ihre Website, damit ich’s nicht auf unsere zu setzen brauch und die Leser wenigstens den gesamten Zusammenhang verstehen bzw. sich ein Bild machen könnnen.

  8. Dear Readers!

    I do regret not having recalled an earlier personal encounter with Bernd Marin many years ago.

    You find excerpts of Marins comments below my op-ed, including a link to his website where you can read them in full. At that site though you will not find my comment though Marin has strongly advised my to put his comments online …

  9. Auch ich habe schon vor langer Zeit gefragt warum man nicht mit Iran verhandeln will. Die Antwort, die man mir gab war, dass Verhandlungen mit Iran oder auch Syrien zu viel von dem, der verhandelt, verlangen wuerden.
    Dann erinnerte ich mich auch auf einen Artikel in der New York Times, der davon sprach das Gespraeche mit Iranier schwer einzuschaetzen sind, da ihre
    Worte nicht immer das meinen was normaler Weise im Westen als Wahrheit angenommen wuerde. Es wurde dort erklaert, dadurch dass die Geschichte Irans voll von Eroberungen feindlicher Voelker besteht, die Perser sich sprachlich schuetzen und ihre wirklichen Meinungen in "double speak" verbergen.
    Mit sochen Umstaenden frage ich mich dann was es bringen wuerde mit ihnen zu verhandelt. 
    Koennte man dann nich sagen, dass dieses "Verhandlung OHNE Erkenntnisse"
    bringen wuerde?

  10. Ein interessanter Aufsatz, der den Punkt des falsch oder nicht Verstehens – am Fall Nordkoreas – zeigt: Pinkston, Daniel A., and Phillip C. Saunders. "Seeing North Korea Clearly." Survival 45, no. 3 (2003): 79-102. Nur frage ich mich, warum wir (Europäer) den "persischen Code" bei wirtschaftlichen Belangen sehr wohl zu verstehen scheinen?

  11. Eigentlich sprach ich nicht ueber das Verstehen! Der Artikel in der New York Times sprach auch nicht DARUEBER. Viele, auch die Amerikaner, koennen
    Iran schon verstehen. Es ist einfach ermuedend und unsinnig mit jemanden zu verhandeln der nicht meint was er sagt. Es bringt auch wenig herein.
    Wirtschaftliche Belange koennten nicht mit militaerischer Ruestung oder Bedrohung verglichen werden, meiner Meinung nach.
    Wie in einem Schachspiel, benuetzt Iran die Position Europas zu seinem Vorteil. Dadurch, dass Europa sich mit geringen Mengen Oel selbst versorgen kann, bedingt diese Not es, dass sie ein freundliches Verhaeltnis mit dem Iran haben sollten. Ich glaube nicht, dass die Europaer die Welt besser verstehen als die Amerikaner.

  12. Die USA und Europa meinen immer was sie sagen? Diskurs hat also im Fall dieser beiden Akteure keine taktische Funktion, im Fall des Iran aber schon?Das "Verwenden" anderer Akteure in einem Schachspiel ist so alt wie die internationale Politik…

  13. Natuerlich haben auch die USA und Europa hintergruendliche Ziele. Ich sprach aber davon, dass Verhandlungen im Falle mit Iran wenig Nutzen bringen wuerden. Sprechen sie doch bitte von diesem Nutzen.

  14. Gespräche sind alleine deshalb notwendig, um Ahmadi-nejad die Möglichkeit zu nehmen, das Thema Nuklearprogramm weiter zu emotionalisieren und einen Rally-Around-The-Flag Effekt zu erzielen. Ein Verhärtung der Front von außen schafft Burgfrieden im Inneren und das kann – wenn wir uns einen von Reformer geführten langsamen Wandel erhoffen – nicht das Ziel sein. Wir werden uns wohl an den Gedanken eines nuklearen (ist nicht gleich nuklear bewaffneten!) Iran gewöhnen müssen. Die Frage sollte eher sein: wie kann man die nukleare Bewaffnungsoption und horizontle Proliferation verhindern?

  15. Wie langsam koennte dieser Wandel sein? Was waere, wenn dieser Wandel nie stattfindet? Eilt nicht die Zeit im Sauseschritt, und wir machen besser mit, mit der Zeit!!
    Sich an ein nukleares Iran "gewoehnen?"! Klingt das nicht wie "Deja Vu"?
    Was hatte Europa gemacht, wenn Adolf Hitler alle Laender betrohte? Ach ja, sie hatten sich daran gewoehnt.
    Wurde diese Situation verbessert durch Verhandlungen? Fast all Europa wurden durch Bomben zerstoert, 50,000,000 Millionen Menschen starben um endlich den Frieden zu erwirken.
    Nun moechte ich  die Idee des Burgfriedens in Iran besprechen. Vor kurzer Zeit stand eine Wahl statt in Iran, die zeigte, dass die Bevoelkerung unzufrieden ist mit der Partei, die den Presidenten Ahmadi-Nejad hervorbrachte.
    Die wirtschaftliche Entwicklung, die er der Bevoelkerung versprochen hatte,
    da sie doch leiden und hungern, hat sich nie Materialisiert.
    Anstelle gab ihre Regierung das Geld lieber fuer Ruestung aus.
    Und wir sollten diesen geschwaechten Representanten jetzt durch Verhandlungen unterstuetzen?
    Wie man die nukleare Entwicklung Irans anhaelt ist schon die Frage.
    Aber auf die Antwort sind wir uns auch bewusst.
     
     

  16. Der Vergleich mit Nazi-Deutschland hält nicht. Aber wenn Sie schon so vehement gegen Verhandlungen sind und sich auch nicht mit der Perspektive eines nuklearen Iran anfreunden können, dann würde es mich doch interessieren, welche Lösungsmöglichkeit Sie vorschlagen. Es bleiben ja dann nicht mehr viele über:Ein präventiver Angriff (à la Osirak) auf die Capabilities wäre nur ein Tropfen auf den heissen Stein, nein schlimmer noch, es würden den Stein noch weiter aufheizen. Das Wissen kann man nicht wegsprengen und Iran würde sich noch im Streben nach Nuklearwaffen als Abschreckungsmittel bestätigt sehen. Auch würde ein solcher Angriff die Lage in der Region noch weiter destabilisieren.Ein präventiver Angriff auf das Regime (à la Irak) ist schlichtweg unmöglich:1) Wer soll ihn durchführen? Die USA, welche im Irak im Terrorsumpf versinken und auch in Afghanistan gebunden sind?2) Ein solcher Schlag müsste auch auf ein Mandat des UNSC verzichten (da man nicht ernsthaft annehmen kann, dass die RF und PRC kein Veto einlegen) – ist ein Staat gewillt die politischen Kosten hierfür zu tragen?3) Post-Interventions Stabilisierung. Dazu muss ich – glaube ich – nichts schreiben  …4) Auch wenn wir die Punkte 1 – 3 als überwindbar annehmen würden, muss man in der Debatte immer noch bedenken, dass selbst ein neues Regime kein Garant dafür ist, dass dieses – aufgrund regionaler Dynamiken –  nicht auch nach WMD strebt. Und Sie können nicht jedes Land in der Region besetzen.Also, welchen "mutigen" und "vernünftigen" Weg würden Sie gehen? 

  17. Zur Erklärung:1) Nazi-Deutschland ware ein durch und durch totalitäres Regime, dessen Entscheidungszentrum auf einen kleinen Kreis von Personen konzentriet war.Im Iran gibt es verschiedene Lager, die an der Formulierung von Außen- und Sicherheitspolitik beteiligt sind bzw. Einfluss haben wollen.2) Wollen Sie damit andeuten, dass Iran auf Aggression und Vernichtungskriege abzielt?Der Vergleich mit Hitler und Nazi-Deutschland ist – auch in der offiziellen Rhetorik der USA immer schnell zu Hand, bringt aber wenig Erkenntnis und noch weniger Lösungsmöglichkeiten. Man müsste aber auch auf die Frage antworten, wie nun gegen Iran vorgegangen werden soll. 

  18. Ein letzter Gedanke:Es wäre an der Zeit das Thema ohne Emotionalisierung zu betrachten. Vergleiche mit Hitler und apokalyptische Visionen von nuklearen Angriff tragen nichts zur Lösung des Problems bei, sondern verschieben den Diskurs auf eine unnötige Ebene. Im Zentrum sollte die Frage stehen, wie man nukleare Proliferation effektiv verhindern kann, nicht ob das Regime nun böse ist oder nicht. Zur Erkenntnisfindung gehört eben auch, dass man die Position der anderen Seite hört und daraus Schlüsse zur Behandlung des Problems zieht. Im Iranischen Fall z.B. lassen wiederholtes Verweisen auf frühere Erfahrungen im Bereich der Kooperation mit Europa darauf hindeuten, dass eine tiefe Skepsis bezügl. Abhängigkeit von externen Akteuren vorhanden ist. Außerdem lässt sich erkennen, dass die Beherrschung des Brennstoffkreislaufes nicht zuletzt eine Frage des nationalen Prestiges ist, also eine Frage des Status des Iran als fortschrittle Nation. Solche Erkenntnisse sind wichtig und lassen sich durch Zuhören gewinnen. Zuhören heisst nicht Zustimmen, aber es ist ein Versuch den anderen zu verstehen. Verstehen bedeutet nicht Empathie sondern Kenntnisse zu Sammeln über Motivationen und Strategien. 

  19. For the Sake of Discussion:
    I observe with glee, that those nations most threatened by a nuclear Iran are
     actively engaged in small, individual, so-called solutions to the nuclear development of Iran. Rather than subscribing to one large "solution", a multitude of actions are being employed. Imposing sanctions at the United Nations should be one exercised in the near future. There are others though, already in place. To be specific: Saudi Arabia has stepped up the production
    of crude oil, in order to lower the price of oil. Because of this, Iran is not able to gain as great a financial benefit from its own oil production.
    Not to mention all considered or put into action, I also observed that mossat
    managed to assassinate, or is rumored to have assassinated, a key Iranian
    nuclear scientist.
    Just as there is danger in demonizing ones opponent, there is equal danger
    in underestimating one.
    Mr.Senn, your assessment of the Iranian authorities is certainly "politically correct" in European pacifist circles. Yet, Europe finds itself on the fringes
    of the political discussion. Ultimately, those who are pursuing containment of
    Iranian ambitions, are well aware of all means to achieve such a goal.
    Tea and Crimpets with the Iranian ambassator may be employed at a later date.
    By the way, your arguments on an ill-conceived comparison between Iran and Nazi Germany, is especially curious to me if one considers that Austria was an unwillig partner in " die Anschluss".
    None of what I have said, is meant to offend. There are merely different perspectives on these issues.

  20. Das les ich erst jetzt und nachdem Martin Senn sich über Proliferation ausgelassen hat, versuche ich nochmal Bezug zum Thema zu nehmen. Ich hab in einem Streitmailwechsel Gerhard Mangott den Link zu diesem Statement geschickt und nicht gewusst, dass ihn das so kränkt!
    Meiner Ansicht nach war die Replik von Marin einfach sehr ironisch gehalten, die Kritik sehr zynisch aufgesetzt, eine Persiflage gewissermaßen und auch lebendig gezeichnet durch einen regen Perspektivenwechsel. So ist nichts für einen Intellektuellen kränkender als auf die Dummheit seiner Aussagen zu verweisen! Ich bin auch gekränkt, wenn ich für dumm gehalten werde, bemühe mich aber, sollte es jemand sein, den ich schätze oder sogar mag, mit dem- oder derjenigen in Konfrontation zu treten, da alles irgendwie beredet werden kann. Etwas habe ich gelernt in meinem bewegten und viele Extreme durchschreitenden Leben: Nichts ist in unserer “zivilisierten” Welt schlimmer als die Ignoranz, oder auch die Feigheit und deren Auswüchse…

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